Renate Obermeyer †

Die Herrin der Miniaturen

Ich stehe am Schäferkaten, vor dem nach der Überlieferung ältesten Gebäude in Klinkrade. Zugegeben…, ich bin sehr neugierig, was mich hinter dem schönen Eingangstor und der hohen, sehr gepflegten Hecke erwartet. Eine sehr vital wirkende ältere Dame kommt mir strahlend entgegen, begrüßt mich sehr herzlich und bittet mich hinein. Eine freundliche Aura umfängt mich sofort und erweckt den Eindruck: Hier lebt eine Person, die rundum glücklich und zufrieden ist.

Renate Obermeyer ist 80 Jahre alt. Sie wurde in Berlin geboren. Ihre familiären Wurzeln liegen im Brandenburgischen. Als im 2. Weltkrieg die Bombenangriffe auf Berlin anfingen, hat ihr Vater sie und ihre Geschwister aus der Stadt gebracht. Nach einigen Stationen landete sie schließlich in Düsseldorf. Dort heiratete sie und bekam zwei Töchter.  Zuletzt lebte sie mit Ihrer Schwester zusammen. Als diese verstarb, wollte sich Renate Obermeyer für ihren endgültigen Ruhesitz einen langgehegten Traum erfüllen: Ein Reetdachhaus mit gekreuzten Pferdeköpfen am Giebel. Nach vielen Besichtigungen in ganz Deutschland kam sie schließlich zum Schäferkaten. Hier erklärte sie die Suche für beendet. Sie fühlte sich sinnbildlich von dem Haus umarmt und lebt nun in Klinkrade ihren Traum.

Ein geschmackvoll eingerichtetes Haus, ein liebevoll angelegter Garten mit vielen Skulpturen und zwei Hunden als Gefährten lassen ihr genug Zeit, sich ihrem außergewöhnlichen Hobby zu widmen: Dem Bau von Miniatur-Marktständen im Maßstab 1:12.

Mit einem genauen Blick fürs Detail entwickelt sie Ideen, „durchforstet“ das Internet und stöbert auf Flohmärkten so lange herum, bis sie einen Stand nach ihrer Vorstellung bestücken kann. So ist dann im Laufe der Jahre eine riesige Sammlung entstanden.

Obst und Gemüse, Süßwaren, alle möglichen anderen Leckereien, Wäsche und Kleidung u.v.m. werden auf dem Miniaturmarkt angeboten. Aber auch Handwerker und fahrendes Volk sind vertreten.  Die „Händler“ und „Kunden“ sind selbstverständlich stilecht gekleidet.

Das nicht alltägliche Hobby begann, als ihr Vater ihr zu Kriegszeiten in Ermangelung von Spielzeug aus einfachen Mitteln einen Marktstand in Puppengröße gebaut hat. In späteren Jahren erinnerte sie sich an das innig geliebte Spielzeug. Sie baute sich wieder einen Stand auf und so wurde so nach und nach eine Leidenschaft daraus. Ein Problem gibt es jedoch: Es sind noch so viele Ideen da, doch so langsam geht der Platz aus. Deshalb überlegt sie, ihre Kleinodien der Öffentlichkeit zugängig zu machen. Es wäre zu schade, wenn die kleinen Schätze bei ihr zu Hause allmählich verstauben. Deshalb gilt ihre Aufmerksamkeit jetzt der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten. Freude zu bereiten, ohne materielle Interessen, das liegt ihr am Herzen.

Sie ist begeistert über die Freundlichkeit, die ihr als „Fremde“ im Dorf entgegengebracht wurde, z.B. auch die Hilfe, als sie sich nach der Geschichte ihres Hauses erkundigte. Ihre kleinen Inszenierungen zum „lebendigen Adventskalender“ haben ihr inzwischen einen gewissen Bekanntheitsgrad verschafft und sie genießt die Freude, die sie ihren Klinkrader Mitbewohnern damit bereitet.

Meine Neugier ist nun auch befriedigt. Es gibt heutzutage nicht viele Menschen, die einem so aufgeschlossen und freundlich begegnen, wie Renate Obermeyer.

Wir können uns glücklich schätzen, dass ein Mensch wie sie den Weg zu uns gefunden hat.

Wolfgang Tempel

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